Wo Idealismus und Realität sich streiten mit Christoph Konrath
Christoph Konrath leitet die parlamentswissenschaftliche Grundsatzarbeit. Was steckt hinter diesem Begriff? In der neuesten Wer jetzt? Folge spricht er über alte Institutionen, neue Methoden und warum man das Handwerk Politik erlernen kann. Drei Punkte aus diesem Podcast lesen Sie hier.
Wissenschaft und Grundsätze im Parlament
“Viele fragen sich, was man unter parlamentswissenschaftlicher Grundsatzarbeit versteht, es ist in Wahrheit aber ein Sammelbegriff für viele neue Aufgaben der letzten Jahre”, sagt Konrath. Darunter versteht man unter anderem die wissenschaftlichen Themen des Parlaments langsam und abseits von Alltagsbezug anzugehen, sowie einen Ort des Wissens anzubieten. Wie arbeiten andere Parlamente in anderen Ländern? Kann man parlamentarische Qualität über Grenzen hinweg vergleichen? Parlamente seien oft Traditionshäuser, die historisch bedingte Prozesse mit sich bringen, was Vergleiche erschwert. “Wenn man Qualität gegenüberstellen will, dann wie weit sie ein Umfeld dafür schaffen, wie politische Auseinandersetzung funktionieren soll.” Diskussionen, Beratungen, Verhandlungen: Wie passiert Politik wenn sich zwei Menschen Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen? Welche Prozesse brauchen wir, um Wissen zu organisieren?
Politik: Können oder nicht können?
“Gerade Parlamente, die sehr alte Institutionen sind, haben oft das Bild, man geht hinein und macht einfach. Entweder man kann’s oder man kann’s nicht.”, sagt Konrath. Dieses Bild sei nicht mehr zeitgemäß. Politik ist eine Lernerfahrung, und Parlamente sind dann gut, wenn sie diese Erfahrung entsprechend stützen können. Er räumt auch mit einem Missverständnis auf: “Es scheint oft so, als wären die Meinungen schon vorhanden und im Parlament nur abgebildet. Dabei entstehen viele Resultate erst in Prozessen, wo man offen ist für Argumente und Gegenargumente”. In einer demokratischen Politik könne es diesen “Willen des Volkes” also gar nicht geben. Das Lernen hört aber bei Prozessen nicht auf. “Wie bereitet man Wissen und Informationen so auf, dass es verstanden wird, in der ganzen Komplexität und Ambivalenz?” Er bringt Beispiele von neuen Methoden aus anderen Ländern, zum Beispiel der Citizen Assembly aus Irland oder dem finnischen Zukunftsforum.
Verfassung für alle
Konrath ist auch Gründer der Plattform unsereVerfassung.at. Inspiriert aus dem US-amerikanischen Raum, will er diese auch in Österreich verständlicher und zugänglicher machen: “Verfassung ist in Österreich ein wahnsinniges Expertenthema. Wenn irgendwo Verfassung zu hören ist, brauchen wir Verfassungsexperten und es ist sofort ein juristisches, komplexes und abstraktes Thema”. Damit ist es auch aus der Hand, denn auch ohne ein Experte zu sein, können politikinteressierte Bürger*innen ein Verständnis entwickeln, was die Verfassung bestimmt, begrenzt und wieso sie so wichtig ist.
Wer jetzt? Biographie und Links
Dr. Christoph Konrath (*1977), Studium der Geschichte, politischen Philosophie und Rechtswissenschaften in Wien und London. Jurist in der Parlamentsdirektion, Vortragender an der Universität Wien. Er hat unsereverfassung.at gegründet und das Buch „Und was macht eigentlich das Parlament?“ geschrieben, erschienen im Czernin Verlag.
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