Abenteuer Wahlbeobachtung mit Armin Rabitsch
Der Politologe erzählt von seinen weltweiten Wahlbeobachtungsmissionen durch Europa, Afrika und Asien: Wie sich ein Wahltag auf den Philippinen anfühlt, welche Taktiken für Wahlbetrug verwendet werden und warum es mehr Wertschätzung für Demokratie braucht. Hier lesen Sie drei Stichpunkte:
Was macht eine gute Wahl aus?
„Jede gute Wahl hängt von einem guten Wählerregister ab“. Welche Daten sind dort genau aufgezeichnet? In erster Linie sind persönliche Daten von Wählern dort vorhanden. „In Österreich ist das auf Name, Adresse und Geburtsdatum begrenzt, in neu gebauten Wählerregistern sind biometrische Daten vorhanden. Vor allem afrikanische und asiatische Register sind Vorreiter. Zimbabwe hat letztes Jahr nach Beschwerden der Opposition ein Register eingeführt, das auch ein Foto und den Fingerabdruck eines Wählers inkludiert“. Auch dieses System ist nicht fehlerfrei, beispielsweise haben ältere Menschen oft keinen Fingerabdruck mehr. Der höchste Standard aktuell ist der Scan der Iris.
Neben dem Wählerregister ist auch der sogenannte „Wahlzyklus“ entscheidend. Das beinhaltet die Zeit vor und nach einem Wahltag: Wissen Menschen in welchem Sprengel sie wählen? War der Wahlkampf fair? Hatten Parteien und Medien Möglichkeiten, ihrer Arbeit nachzugehen? Vor allem in afrikanischen Ländern sind entlegene, ländliche Gebiete geplagt von Repression: „Der Druck geht sogar von der öffentlichen Verwaltung aus, für oder gegen eine Regierung zu stimmen“.
Was macht eine Wahl manipulierbar?
Das Wählerregister ist auch im Falle einer (versuchten) Wahlmanipulation die Ausgangsbasis, sagt Rabitsch: „Wer Zugang dazu hat, kann Wählergruppen ausschließen oder sie vermehren“. In vielen Ländern habe er erlebt, dass Wähler der Opposition nicht im Wählerregister aufscheinen, oder die eigenen Parteimitglieder öfter wählen gehen können. Solche Vergehen seien im Nachhinein sehr schwer nachzuweisen. Daher ist es essentiell, um Vertrauen in Demokratie aufzubauen: „Ein solides und robustes Wählerregister muss transparent geführt werden. Die Wahlbehörden müssen es einer ständigen Qualitätskontrolle aussetzen“.
Am Wahltag selbst geht es um Logistik: „Haben Wahllokale genug Stimmzettel und Protokolle? Öffnen sie früh genug? Gibt es Wahlbeisitzer und sind diese geschult und unparteiisch? Darf die Polizei ins Wahllokal?“ Oft gibt es auch ausgeklügelte Tricks von Parteien, an mehr Stimmen zu kommen: Die Karussell-Voting arbeitet mit Wählern, die in ein Wahllokal gebracht werden, den Stimmzettel herausbringen und von der Partei ausfüllen lassen. Diese Praxis wiederholt sich an mehreren Standorten, daher das namensgebende Ringelspiel.
Eine schwer messbare Variable ist die Einstellung der Bevölkerung gegenüber Wahlen. „Glauben Wähler, dass ihre Stimmen ohnehin gestohlen werden, nutzen viele das Stimmrecht gar nicht“, sagt Rabitsch.
Bedarf nach einer Wahlreform
In Österreich ist das Wählerregister sauber. Die Wahlbehörde hat nach der Wiederholung der Bundespräsidentschaftswahl einige Unebenheiten ausgebügelt. Trotzdem sieht Rabitsch bedarf für eine Reform des Wahlrechts. Ein Thema, das sich über die breite Öffentlichkeit schwierig aufbauen lässt: „Wir haben dafür den Weg durch die Institutionen gewählt. Es braucht die Überzeugungsarbeit mit den Parlamentariern und Verfassungssprechern der Parteien, denn der Weg zu neuen Wahlen ist genauso wichtig, wie das Resultat“. Der partizipative und inklusive Prozess soll Politiker, Akademiker, Wahlbeisitzer und die interessierte Zivilgesellschaft einbinden.
Inhaltlich sieht Rabitsch die Stärkung des Wahlbeisitzes als ein Ziel: „Momentan müssen Parteien Wahlbeisitzer nominieren, was oft für halbleere Wahllokale sorgt“. Er möchte eine einheitliche Entschädigung und Training inklusive einer Öffnung hin Richtung Zivilgesellschaft.
Wer jetzt? Biografie und Links
Armin Rabitsch ist Politologe und studierte an Universitäten in Österreich (Innsbruck, Wien), Südafrika (Kapstadt, Western Cape), Italien (European University Institute) und Großbritannien (London School of Economics). Er verfasste seine Doktorarbeit zur Afrikapolitik der EU. Für die OSZE nahm er an zahlreichen Wahlassessmentmission teil. Mit zwei Kollegen gründete er den Verein Wahlbeobachtung.org.
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