Demokratie in der Schule – vom Lernen auf Augenhöhe
Wie kann Schule ein Ort sein, an dem Demokratie ernst genommen und gelebt wird? Worüber können und sollen Schüler*innen Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte haben? Und welchen Unterschied macht es, wenn sie Partizipation schon in der Schule erleben?
Schule ist der Ort, an dem wir Demokratie als staatstragendes Konzept kennenlernen und erleben sollen. Und erleben, das heißt mitbestimmen und mitgestalten dürfen und auch lernen, wie man eigene Interessen durchsetzt.
Scheindemokratie?
Österreich ist das einzige Land, in dem die Schüler*innenvertretung bundesgesetzlich verankert und gesichert ist. Das heißt, ab der 5. Schulstufe müssen Klassen- und Schulsprecher*innen gewählt werden. Und auch der Schulgemeinschaftsausschuss ist gesetzlich verankert. Im SGA treffen sich Elternvertreter*innen, Lehrervertreter*innen, die Direktion und auch die Schulsprecher*innen zum Austausch.
Was kann ich als Schulsprecher*in bewirken? Verändern? Wo darf ich mitreden? Und nicht nur so Scheinfigürchen erschaffen. Da muss man Kindern und Jugendlichen bissl was zutrauen und sie fragen – was hättet ihr gerne, was glaubt ihr, dass jetzt für uns gut wäre, für euch gut wäre? Maria Lodjin
Maria Lodjin unterrichtet seit über 30 Jahren an einer Wiener Mittelschule. Das jetzige System nennt sie im Gespräch eine „Scheindemokratie“ und sie sagt auch, die Aufgaben gehören genauer verteilt.
Dass Schulsprecher*innen wenig zugetraut wird, hat auch Sihaam Abdillahi erlebt. Sie war ein Jahr lang Schulsprecherin an der AHS Geringergasse im 11. Wiener Gemeindebezirk und auch Landesschulvertreterin. Auf ihr schulpolitisches Jahr blickt sie eher resigniert zurück:
Ich hab dann für mich beschlossen, ok, wenn ich wirklich versuche etwas für meine Mitschüler*innen zu verändern, dann muss ich auf Landesebene arbeiten, und mediale Aufmerksamkeit generieren und defakto wird sich nicht viel ändern, egal wie viel ich mit meiner Direktion streite, und das zu realisieren, war schon ein harter Brocken. Sihaam Abdillahi
Mehr Mitspracherecht im Unterricht bewirkt mehr Eigenverantwortung
Welchen Unterschied macht es denn, wenn Schülerinnen und Schüler Partizipation schon in der Schule erleben?
Die demokratischen Strukturen fördern gleichzeitig Kompetenzen abseits des klassischen Lehrplans. Claudia Gerhartl
Mehr gelebte Schuldemokratie ist essentiell für die politische Bildung. Am Ende des Tages geht es schließlich um die Praxis. Leya Hampel
Ein demokratischer Umgang fördert auch den Zusammenhalt und die psychische Gesundheit in einer Klasse. Maria Lodjin
Tatsächlich haben Schülerinnen und Schüler laut dem Paragraphen 57a im Schulunterrichtsgesetz sogar das Recht, sich an der Gestaltung des Unterrichts und der Wahl der Unterrichtsmittel zu beteiligen. Und sie haben auch das Recht auf Anhörung sowie auf Abgabe von Vorschlägen und Stellungnahmen. Nicht zuletzt macht es für Kinder einen Unterschied, ob sie Schwerpunkte selbst setzen können.
Richtig und Falsch?
Es ist richtig und wichtig, echte Mitsprache im Klassenzimmer und an der Schule zuzulassen. Essentiell dafür ist Arbeiten auf Augenhöhe und weniger Hierarchien, darin waren sich alle Gesprächspartnerinnen einig. Es wäre falsch, demokratische Prozesse nicht zu fördern, weil man sie zu anstrengend findet oder sie den Schüler*innen nicht zutraut.
Ambra Schuster im Gespräch mit:
- Sihaam Abdillahi (ehem. Schulsprecherin an der AHS Geringergasse Wien und Landesschulvertreterin)
- Claudia Gerhartl (Schülerinnenschule im WUK)
- Leya Hampel (Klassen- und stellvertretende Schulsprecherin am Ella Lingens Gymnasium in Wien)
- Maria Lodjin (Lehrerin einer Wiener Mittelschule)
Links:
- polis aktuell 5/13 (akt.2019): Demokratie in der Schule
- Entwicklungsplan und Kriterienkatalog zur Demokratischen Schule (Zentrum polis)
- Dossier Schule und Demokratie (Demokratiewebstatt)
- Lernmodul Schuldemokratie (Demokratiezentrum Wien)
- Politikwerkstatt DEMOS (Museum Arbeitswelt Steyr)
- Demokratiebewusstsein stärken (IzPB Band 44)
- Jugend- und Lehrlingsparlament (Parlamentsdirektion)
Hören Sie hier eine weitere Folge von Richtig und Falsch: Alltagsrassismus erkennen und diskutieren
Alle Folgen finden Sie hier.
Richtig und Falsch ist ein Kooperation von Zentrum Polis – Politik lernen an der Schule, der Arbeiterkammer Wien und Demokratie21.
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