Was ist Political Entrepreneurship? Mit Josef Lentsch
Josef Lentsch ist scheidender Geschäftsführer des NEOS Labs und Autor. Sein Buch „Political Entrepreneurship“ erscheint im Dezember. In der neuesten „Wer jetzt?“ Folge reflektiert er über sein Wirken und lässt Erkenntnisse und Fragen über Parteien Revue passieren: Warum ist die Gestaltung eines Prozesses ebenso wichtig wie die Teilnehmer? Wie nimmt man Menschen auf einen schmerzhaften Weg mit? Und was macht ein Political Entrepreneur?
5 Jahre lang hat Josef Lentsch das NEOS Lab als Think Tank und Bildungsstätte federführend aufgebaut und entwickelt. Im Jahr 2013 einen solchen Ort neu aufzubauen nahm Lentsch als Gelegenheit, ihn aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Was ist anders? Er sieht zwei zentrale Punkte, die gegeben sein müssen. Erstens, wie eine Organisation entworfen wurde. Der Prozess, wie man dazu kommt, wo sich Bürger einbringen können, sollte sich abheben von alten Prozessen, wo ein Vorstand alles entscheidet. Das Was, also die Inhalte als zweiter Punkt, entsteht so mit ganz anderen Zugängen.
Schmerzhaft und wertvoll
Wie kann eine Partei ihre Interessen abgleichen ohne Kritik zu begraben und an zu viel Vielfalt zu zerbrechen? Das funktioniert über die Strukturen, die dynamisch und agil gestaltet und gehalten werden müssen. Lentsch nennt es einen permanenten Beta-Zustand und auch ein Experiment. Das sieht er als Stärke, die aber kippen kann: „Wenn man nie etwas abschließt, läuft man in Gefahr es immer mitzutragen“. Gerade bei Inhalten, die schnell an neue Gegebenheiten angepasst werden müssen, fiel ihm das auf. Parteien müssen für ihn mehr wie ein Netzwerk wirken, die auch bereit sind sich zwischendurch zu häuten.
Gegenwart und Zukunft der Demokratie
Wie sieht er die Zukunft der Demokratie? „Die wird sich entscheiden zwischen den neuen ‚Fliehkräften‘ an den Rändern und einem Zentrum, das in vielen Ländern in der Krise steckt. Allen voran die Sozialdemokratie, aber auch Volksparteien verlieren an Populisten“. Die Demokratie sieht er deswegen nicht in Lebensgefahr, sondern einfach als ein System, dass sich gerade neu ordnet. Länder wie Ungarn oder Polen zeigen jedoch eine besorgniserregende Entwicklung. „Hier müssen wir uns fragen, ob die liberale Demokratie im 21. Jahrhundert einen Bestand haben wird“. Der ungarische Premierminister Orban selbst hat das Ende dieser verkündet. Die Rolle der traditionellen Parteien sieht Lentsch kritisch.
„Wenn Parteien keine Kraft haben, sich selbst zu erneuern, muss man Zweifel anmelden, ob diese Parteien die Kraft haben, die Demokratie zu erneuern“
Er ist sich sehr wohl bewusst, dass in altgedienten Parteien mehr eingefahrene Strukturen und interne Widerstände gegen Innovation vorhanden sind. „Es ist aber auch ein Rennen gegen die Zeit, mit jeder Wahl gewinnen Populisten an Boden“.
Politische Unternehmer als Lösung
Lentsch geht es dabei weniger um die Personalunion von Politiker und Entrepreneur. Viel mehr um den Ansatz, wie man an Dinge herangeht. Anstatt Dinge als gegeben und festgefahren zu sehen, braucht es Menschen, die sagen ‚Moment, vielleicht funktioniert das doch‘. Als sehr wichtigen Punkt sieht er den Ort, wo man Veränderung schaffen will. Aktivisten und NGOs würden versuchen das System von außerhalb zu beeinflussen. „Es macht einen Unterschied, wenn man ins Parlament und von innen heraus verändern will“, so seine Definition. Das braucht eine Vielzahl an Ressourcen: Organisation, Geld, Leute und Inhalte. Das Vorbild sieht er im Social Entrepreneur.
Wer jetzt? Biografie und Links
Josef Lentsch studierte Psychologie an der Universität Wien. Anfang der 2000er gründete er das Karriereportal Uniport, anschließend wurde er International Director der Royal Society for the Encouragement of Arts, Manufactures & Commerce in London(RSA). Es folgte ein Postgraduate-Programm (Master of Public Administration) in Harvard, danach war er am Aufbau der NEOS beteiligt und seit 2013 Leiter des NEOS Lab. Mitte 2019 wird er Managing Partner des Institute for Innovation in Politics Germany in Berlin.
Twitter von Josef Lentsch
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