🇪🇺 Europa im Blut mit Nini Tsiklauri
Über die nächsten Wochen werden hier Menschen zum Gespräch geladen, die aus Wirtschaft, Kultur, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Startups, NGO und mehr einen anderen Blick auf Europa haben. Wir stellen ihnen alle drei Fragen: Wie denken wir Europa von Grund auf neu? Welches eine Gesetz würden sie auf Europaebene beschließen? Was hat sie politisiert?
Nini Tsiklauri läutet den Auftakt unserer Serie zu Europa ein. Die deutsche Staatsbürgerin ist in Georgien geboren, in Ungarn und Deutschland aufgewachsen, nun studiert und lebt sie in Wien. Als nächsten Halt plant sie Brüssel, Tsiklauri kandidiert für die Wahlen zum Europaparlament. Ein Gespräch über Europa als Lebenseinstellung, warum es so trotzdem nicht weitergehen kann und was sie als ihre Identität sieht.
Am Puls des Kontinents
Tsiklauri hat einen Lebenslauf, in den kaum mehr Europa passt. Woher das Engagement und die Begeisterung? „Das hat bei mir sicher was mit meinem georgischen Hintergrund zu tun. In den 90ern sind meine Eltern mit mir nach Ungarn ausgewandert, das war ein wahnsinniger Unterschied“. Auch wenn Ungarn nicht Vorreiter in Technologie oder Infrastruktur war, ist es Georgien weit voraus. Stetig fließendes Wasser oder eine stabile Stromversorgung waren in der Schule in Tiflis die Ausnahme, sagt Tsiklauri. Trotzdem wandern die Eltern wieder zurück nach Georgien, aufgrund der feindseligen Einstellung gegenüber Migranten. Auch dieser Halt währt nicht lange, mit zehn Jahren geht es nach Deutschland wegen dem Studium ihrer Eltern. Tsiklauri lernt Deutsch, findet Gefallen am Schauspiel und wird bald eine Größe in der Kinderunterhaltung. „Auf einer Konferenz in Bukarest habe ich die Kanzlerin Angela Merkel gebeten, meinem Land beizustehen. Sie war perplex, aber das war mein erster Kontakt mit der Politik“. Während eines Urlaubs in Georgien bricht 2008 der Krieg aus, ihre Familie schafft es, heil durch das Epizentrum und flieht über die Türkei.
Politisierung später
Ein prägender Moment, wie sie schon oft erzählt habe. Trotzdem nicht der Moment, der sie endgültig politisiert hat. „Ich habe zwar begonnen mich in Jugendparlamenten zu engagieren, aber erst als ich mich aktiv dafür entschied, meine Schauspielkarriere zu beenden, kommt der Stein ins Rollen“. Es folgt das Jahr 2016, das Jahr des Brexits. Trotz all der positiven Erfahrungen und Begeisterung für Europa, sorgt erst der Moment der Spaltung für die endgültige Politisierung. Tsiklauri initiiert die Bewegung Pulse of Europe in Wien: „Ich hatte richtige Angst davor, auf der Straße mit Fremden zu reden, aber nach dem vierten, fünften Mal ging es. Für etwas – statt gegen etwas – auf Menschen zuzugehen, war auch neu“.
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Die Pulse of Europe Demos sind am Anfang ein voller Erfolg, hunderte Menschen kommen und diskutieren. „Das war vor der Wahl, danach ging es bergab. Da kamen nur mehr die allermotiviertesten, und es gab ein Gefühl von ‚passt schon, wir haben eh was erreicht‘“. Trotzdem zeigt es ihr, dass man auch als einer von fünfhundert Millionen Menschen etwas bewegen kann. Diese Mitarbeit und Verantwortung des Einzelnen ist ihr wichtig, hier sieht sie auch eine große Möglichkeit: Die Verbindung zwischen EU und Bürger*innen kann man über eine Reform der Europe Direct Stellen um einiges verbessern, und dafür gibt es auch mehr als genug Bedarf, denn: „Europa wird so nicht überleben“.
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